Dienstag, 18. Dezember 2007
Unbesinnliches...
...ja, wenn überhaupt zur Adventszeit mich irgendetwas unter die Geschenkekauf-gehetzte Meute in die weihnachtlich geschmückte und grellbunt erleuchtete Innenstadt locken kann, dann nur UNBESINNLICHES. Das ist heute Abend der "Vers- und Kaderschmiede" mit HARRY ROWOHLT und dem "Guy de Maupassant-Ensemble", (dazu hatten sich Nina Petri, Wolfgang Hartmann, Jacques Palminger, Thomas Ebermann und Antje Basedow zusammengefunden), gelungen. Sie lasen mit versetzten Rollen Novellen von Guy de Maupassant, der nicht glauben mochte, dass die Familie der Hort von Glück und Liebe sei. Dass man die tapferen Kriegshelden ehren müsse, leuchtete ihm nicht ein. Dass der aufgeklärte Bürger für ein gutes Geschäft mit der Kirche auf den Knien um Vergebung bat, schien ihm dagegen sicher. Dass Männer ihre Mätressen gut bezahlen und von der Gattin kostenlosen Beischlaf erwarten, fand er nicht plausibel. Religion schien ihm Selbstbetrug und ergaunerten Wohlstand zog er ehrlicher Armut vor. Kurz: Guy de Maupassant (1850-1893) zeichnete sich durch "grausame Ironie, Satire und brutalen Sarkasmus aus" (Literaturlexikon). Das der Funke im ausverkauften Polittbüro nicht richtig übersprang, lag gewiss nicht an den Darbietenden (oder der eher harmlosen Geschichtenauswahl), sondern vielmehr an dem ältesten, unansehnlichsten (wobei ersteres hier zweites nicht bedingte!), stocksteifen, spießig-piefig humorlosen Publikum, dass ich überhaupt je auf irgendeiner Veranstaltung gesehen habe. Das wiederum mag auch daran liegen, dass sich junge interessierte Leute 15,- € für eine Lesung einfach nicht leisten können oder wollen, wie auch immer, ich saß dank zeitigem Erscheinen und Krückenbonus ganz vorne und habe mich bestens amüsiert.

'vorgelesen'    18. Dez 2007, 02:24    Link    (4 Kommentare)   Kommentieren      753